Krippenkunst im Naturpark Nordeifel

Weihnachtskrippe der „spanischen Schule“

Ein eisiger Wind weht über die Höhen, verfängt sich in Baumwipfeln und altem Bruchsteingemäuer. Keine noch so dicke Jacke, kein noch so dicht geschlungener Schal oder eine tief in die Stirn gezogene Mütze, welche ihm widerstehen könnte. Der goldene Herbst mit seinen bunten Wäldern ist vorüber. Die letzten Blätter hat der Wind mitgenommen. Seinen dunkelsten Tagen eilt das Jahr entgegen. Schnee, der Bäume und Landschaft in eine bizarre Zuckerbäckerlandschaft verwandelt, lässt noch auf sich warten. Kommen, wird er bestimmt. Findet sich in diesen dunklen und kalten Tagen am Ende eines jeden Jahres der Grund, warum sich die Menschen hier im Grenzgebiet zwischen Belgien und Deutschland mit der Gestaltung von Weihnachtskrippen beschäftigen?

Weihnachtskrippe im orientalischen Stil

Zwischen Kronenburg und St.Vith, ungefähr da wo der Naturpark Nordeifel in die Ardennen übergeht, liegt direkt an der Deutsch-Belgischen Grenze bei Losheim die „Ars Krippana“, eine ganzjährig geöffnete, museale Krippenausstellung. Auf über 2500 qm werden hier alte und moderne Weihnachtskrippen aus aller Welt und von unterschiedlichen Künstlern gezeigt. Doch noch weit mehr hat die Grenzregion zu bieten. Über sechshundert Höhenmeter erreichen die Berge. Ski Alpin, Loipen und Rodelpisten laden zum Wintersport. Wandern, Trekking, alle Arten von Outdoorsport sind in den weiten, oft schwer zugänglichen Waldgebieten möglich. Aachen, Köln, Lüttich und Trier sind mit dem Auto bequem zu erreichen und locken mit den entsprechenden kulturellen Angeboten.

Weihnachtskrippen aus aller Welt

„Nein“, findet Michael Balter. „Die Region ist ja auch kein typisches Krippenbaugebiet, und Weihnachtskrippen im familiären Rahmen gibt es erst seit etwa einhundertfünfzig Jahren. Vorher waren das reine Kirchenkrippen.“ Der 36-jährige leitet die „Ars Krippana“. Sein Vater kam in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts auf die Idee, eine ständige Krippenausstellung in Losheim zu errichten. Im März 1989 konnte dann die „Ars Krippana“ ihre Türen öffnen. Etwa ein viertel der gezeigten Krippen sind Leihgaben von Sammlern oder Kirchen, die im Rahmen von Sonderausstellungen zu bestimmten Themen gezeigt werden. Die anderen drei viertel befinden sich im Besitz des Museums.
So wie die Krippe, die zum Themenkreis der „spanischen Schule“ gehört. Ein paar Steine des zusammengebrochenen Bogengewölbes liegen im Vordergrund des Dioramas oder Schaubildes herum. Bis in kleinste Details sind die Olivenbäume ausgestaltet, stellen die Verbindung zwischen Vorder- und Hintergrund her, lassen das Diorama lebendig werden.

Bis in kleinste Details…

Die männliche Figur mit der orientalischen Kopfbedeckung oben auf der Steintreppe beim Eingang des Hauses, sieht aus als hätte sie es eilig. Der Mann wirkt nicht so, als hätte er mitbekommen, was sich ganz in seiner Nähe ereignet hat. Unaufdringlich und natürlich wirken die Frau und der Mann mit dem Kind in der Krippe. Wie selbstverständlich bringen Hirten dem Säugling ihre Gaben. Ein Kind darf sie überreichen. „In Deutschland lag der Fokus immer auf der Heiligen Familie. Das ist in Spanien und Italien anders. Da diskutieren die Leute darüber wie sie zum Beispiel einen Ofen gebaut, oder eine Landschaft lebendiger gestaltet haben“, erklärt Michael Balter.

Weihnachtskrippe aus Ligurien

Ganz viel provenzalische Lebensfreude vermitteln die bunten, Santons genannten Krippenfiguren aus dem Süden Frankreichs. Neben der Heiligen Familie und den drei Königen in morgenländischer Kleidung liegt hier der Fokus weniger auf der Gestaltung der Dioramen, als vielmehr in der bunten Bemalung der aus Ton gebrannten Figuren. Diese werden gerne in regionalen französischen Trachten dargestellt und geben einen Querschnitt durch die Berufsgruppen und die Bevölkerung eines ganzen Dorfes.

Santons aus Südfrankreich

Nicht nur Kinderaugen fangen bei all der filigranen Detailverliebtheit an zu leuchten. Spannend ist auch die maschinelle Krippe aus Ligurien, als Stellvertreter der italienischen Krippen. Die Holzfiguren sind mit Gelenken ausgestattet. Ein Mühlrad, das von echtem Wasser angetrieben wird und weitere technische, soll man sagen „Spielereien“ oder eher „Raffinessen“, die das gesamte Werk lebendig erscheinen lassen. Im kompletten Gegensatz zu der lebendigen Szenerie erscheint hierzu die geradezu statisch wirkende und in naivem Stil aus farbigen, von Blei eingefassten Glasplatten errichtete künstlerische Krippe aus Deutschland. Stilisiert wird die Heilige Familie mit dem Verkündigungsengel dargestellt.

Mit Blei eingefasste Glasplatten

Aber nicht nur aus Europa, sondern aus allen Erdteilen werden in der „Ars Krippana“ Weihnachtskrippen gezeigt. Sehr beliebt sind auch die durch den Verband der Krippenfreunde Belgiens durchgeführten Krippenbaukurse, sowie weiterführende Kurse, die sich mit Hintergrundmalerei oder der Herstellung von Santons beschäftigen. Die speziellen Krippenbaukurse für Kinder sind in der Regel sehr schnell ausgebucht.

„Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt“, steht im Buch Jesaja. Für die Christen in aller Welt hat damit das Licht die Dunkelheit besiegt. Nicht umsonst haben die ersten Christen das Julfest der Germanen oder die Saturnalien der Römer adaptiert und mit der Geburt Jesu verknüpft. Auch in unserer „Glühlampen-erhellten Zeit“ erscheint die Dunkelheit der letzten Tage im Jahreslauf unheimlich. Das Kind in der Krippe vermittelt ein Gefühl von Geborgenheit. So findet sich auch ein Zusammenhang. Nicht nur im Grenzgebiet zwischen Eifel und Ardennen.