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Alpenstraße (B 308) zwischen Scheidegg und Sigmarszell
Am Checkpoint der Kontrollgruppe Motorrad
Text und Fotos: Stephan KäuferStreckensperrungen, Lärmproblematik, Poser. Stimmungsmache in der lokalen Tagespresse, Halbwahrheiten und blutige Schlagzeilen. Biedermänner und Pharisäer, Politiker auf Stimmenfang, Motorraddemos in den großen Städten. Die Wogen gehen hoch, in diesem Corona - Motorradsommer 2021, kurz vor der Bundestagswahl.
Was ist dran am Motorrad Bashing? Unser Autor auf Spurensuche am Checkpoint der „Kontrollgruppe Motorrad beim Polizeipräsidium Schwaben Süd-West, Kempten“
„In der Regel verlaufen die Kontrollen friedlich. Die meisten Motorradfahrer haben Verständnis und halten die Kontrollen für sinnvoll. Viele Motorradfahrer haben selber ein Problem mit den -Brülltüten-“, erklärt Christian Stark. Der 28-jährige Polizeihauptmeister leitet die Kontrollgruppe Motorrad. In seiner Freizeit scheucht er seine KTM 1290 Super Adventure selber gerne mal um´s Eck. Etwas nachdenklicher ergänzt er: „Wenn die Weiterfahrt untersagt wird, kochen die Emotionen schon mal hoch.“
An diesem Tag wird im Rohrach kontrolliert. Der zwischen Scheidegg und Lindau liegende Streckenabschnitt der B 308 ist wegen seiner Kurven und Kehren bei Motorradfahrern äußerst beliebt. Innerhalb von vier Stunden werden über siebzig Maschinen in Augenschein genommen, zehn Krafträder weisen Mängel auf, bei dreien wird die Weiterfahrt untersagt - ohne aufkochende Emotionen. Gründe: „Blank“ gefahrene Reifen und Erlöschen der Betriebserlaubnis aufgrund unzulässiger Veränderungen.
Kein Fahrzeug ist aufgrund der Lärmproblematik auffällig. Alle Auspuffanlagen werden sehr genau begutachtet. Stark erläutert: „Oft sind es junge Fahrer. Da ist dann der DB Killer schräg abgesägt und man erkennt noch Zacken. Oder es sind Bohrungen vorhanden an denen Grate abstehen. Man erkennt das sehr schnell, weil es immer unsauber durchgeführt ist.“
Während der Kontrollen beantworten die Beamten die vielen Fragen der Biker ausgiebig, freundlich und erklärend. Die Polizisten wollen helfen und schützen, nicht strafen. Tonfall und Ansprache sind schnell kumpelhaft, „Hands on“ - Mentalität, wie unter Motorradfahrern üblich.
„Auf speziellen Lehrgängen werden wir für die Kontrollen geschult. Doch mit jeder Kontrolle lernen wir dazu. Der Markt für Zubehörteile ist so umfangreich, da kann man nicht alles Wissen“, erläutert Christian Stark. Auch Heute. Ein Biker hat zurückgelegte Fußrasten -nicht serienmäßig und nicht klappbar- montiert. Nichts in den Fahrzeugpapieren, keine ABE oder sonstiger Nachweis. Stilllegung droht. Hinweis des Fahrers: „Montage durch Fachwerkstatt, TÜV-Abnahme“. Telefonat und Abholung durch die Tochter. Das Motorrad bleibt stehen. Nach 90 Minuten ist der Fahrer zurück, hat offizielle Papiere dabei. Kurze Beratung, Schulterzucken unter den Beamten, alles ausreichend. Aufatmen beim Motorradfahrer, die Weiterfahrt wird fortgesetzt, kein Punkt in Flensburg, keine 90 Euro Strafe, wieder dazugelernt.
Wenn auch oft nicht erforderlich, ist die Eintragung von Zubehörteilen in den Kfz-Schein sinnvoll. Viele Hersteller für Zubehörteile bieten Karten im Scheckkartenformat mit ECE-Homologationsdaten an, die die Eignung für das jeweilige Motorrad bestätigen. Das Mitführen ist einfach, und unnötiger Ärger bleibt erspart.
Bei allen Bayrischen Flächenpräsidien sind sogenannte „Kontrollgruppen Motorrad“ angesiedelt. Zusätzlich gibt es „Kontrollgruppen Poser und Tuningszene“ für die Vierradfraktion, sowie die speziellen Gruppen zur Überwachung des LKW-Verkehrs. Bliebe noch der Rat an die Politik, die gerne Strecken sperren möchte, unvoreingenommen an solchen Kontrollen selber einmal teilzunehmen, mit den Bikern zu reden und zuzuhören. Motorradfahrer dürfen auch wählen.