Schneeschuhwandern, das Erlebnis der Bergfreiheit

Text und Fotos: Stephan Käufer
Wandern in die Unendlichkeit

Wandern in die Unendlichkeit

„Nimm die Gamaschen noch, ansonsten könnte Schnee in deine Schuhe gelangen und auf Dauer bekommst du kalte und nasse Füße“, fürsorglich reicht der Guide dem Mann den Beinschutz. Dieser bedankt sich und zieht sie über sein Wadenbein, um die Lücke zwischen Wanderstiefeln und Hose zu schließen. Anschließend werden die Schneeschuhe untergeschnallt, warme Jacke, Handschuhe und Mütze gerichtet, und mit einem sonnenbrillenbewehrten Blinzeln in die Selbige geht es -anfangs mit unsicheren- aber sehr schnell mit immer sicherer werdenden Schritten quer über die tief verschneite Wiese, sanft bergauf auf den Waldsaum zu. Rohrmoos, in der vergangenen Nacht vom Schnee in ein Zuckerbäckerwintermärchen verwandelt, entschwindet schnell den Blicken und mit jedem gewonnenen Höhenmeter bietet sich den Schneeschuhwanderern eine andere Perspektive hier im Naturpark Nagelfluhkette auf die Allgäuer Alpenwelt, das Rietberger Horn, das Nebelhorn oder in Richtung auf das Kleine Walsertal und den Hohen Ifen.

Rohrmoos Zuckerbäckerwinterwunderwelt

Rohrmoos Zuckerbäckerwinterwunderwelt

Westlich von Oberstdorf in den Allgäuer Alpen erstreckt sich der Naturpark Nagelfluhkette in etwa von Immenstadt bis Hittisau in Ost – Westrichtung.
Im Süden berührt er das Kleine Walsertal, im Norden erreicht er Oberstaufen. Grenzüberschreitend verbindet er Österreich und Deutschland. Winters wie Sommers garantiert er Alpenwellness, das vollständige zur „Ruhe kommen“ durch seine intakte Natur abseits der großen Städte. Offen tritt er allen „Outdoor“ Sportarten gegenüber, bietet sowohl Adrenalinstöße für Kracks als auch jede Menge Spaß den weniger Geübten.

Nebelhornmassiv

Nebelhornmassiv

„Schneeschuhwandern ist wunderbar, auch ein -nicht Skifahrer- kann mit Schneeschuhen die winterliche Natur genießen“, erzählt Thomas Dempfle, Bergführer im Naturpark Nagelfluhkette. Der Neunundvierzigjährige ist an die fünfundzwanzig Jahre im Naturpark auf Schneeschuhen unterwegs. Unzähligen „Einsteigern“ hat er den Spaß am Schneeschuhwandern eingepflanzt. Eine besondere Ausrüstung ist nicht erforderlich. Die Kleidung sollte, der Witterung angepasst, dem Zwiebelprinzip folgen. Knöchelumschließende Wanderschuhe nennt eh jeder Bergwanderer sein Eigen, und Gamaschen die die Hose eng an die Schuhe binden, machen Sinn. Schneeschuhe lassen sich bei vielen Skiverleihern ausleihen auch ein eigenes Paar ist erschwinglich und die Wanderstöcke vom Sommer finden beim Schneeschuhwandern erneut Verwendung.

Gottesackerwände am Hohen Ifen - Kleinwalsertal

Gottesackerwände am Hohen Ifen - Kleinwalsertal

Die Gruppe mit der Thomas heute in der Allgäuer Bergwelt unterwegs ist hat mittlerweile ein kleines Waldstück, in dem die Schneeschuhe wegen der geringen Schneehöhe abgeschnallt wurden, durchquert. Die Schneeschuhwanderer sind auf dem Weg zum Toniskopf. Bis zu einem Meter fünfzig sind die Schneewehen, durch die die Wanderer sich ihren Weg bahnen, hoch. Ohne Schneeschuhe würden sie bis zur Hüfte einsinken, mühsam wäre der Weg. Mit den Schuhen sind es vielleicht zehn, fünfzehn Zentimeter. Die Wanderer fliegen nahezu über die Wehen hinweg. Serpentinen-förmig verläuft die Spur der Gruppe, es geht bergauf. Die Stahlkrallen unter den Schneeschuhen greifen zuverlässig in den Schnee, verleihen dem Tritt Sicherheit und Stabilität. Ihnen ist es egal, ob weicher Pulverschnee oder eisig verharschte Schneebretter. Schnell und ohne große Kraftanstrengung zieht die Gruppe ihren Weg. Nicht weit unterhalb des Toniskopfes wird gerastet. Müsliriegel und Äpfel machen die Runde, hier eine Käsestulle, dort ein warmer Becher Tee. Einer hat ein Spektiv auf sein Dreibein gestellt. Weit hinten bei den Gottesackerwänden erkennt man durch das Okular einen Adler majestätisch auf dem Felsen thronend.

Serpentinen-förmige Spur

Serpentinen-förmige Spur

„Ich appelliere an jeden, dass er sich vor der Wanderung in den Karten über die Naturschutzgebiete informiert, und dass er nicht durch ein solches hindurchgeht“, erklärt der Bergführer weiter. Natürlich ist es möglich, mit den Schneeschuhen ausgewiesenen Wanderwegen zu folgen. Intensiver ist das Naturerlebnis aber außerhalb der ausgetretener Pfade. Dieses aber im Einklang mit der Natur zu gestalten bedeutet, auch Tierspuren die häufig im Schnee zu finden sind, nicht zu verfolgen. Auf Wanderkarten im Maßstab 1:25000 sind die Naturschutzgebiete ausgewiesen. Oft werden in den alpinen Bergschulen Einführungslehrgänge in das Schneeschuhwandern angeboten. Ihr Besuch ist zwar nicht Voraussetzung, erklärt aber neben dem praktischen Schneeschuhgehen auch sehr viel über das Verhalten in der sensiblen Natur. Wozu neben dem Naturschutz auch einige Grundregeln zur Lawinenkunde gehören. „Lawinengefahr ist Lebensgefahr“, erklärt der erfahrene Bergführer weiter und fügt an: „Man sollte nie allein unterwegs sein, immer mit einem Partner oder einer Gruppe“.

Schneefelder blinken…

Schneefelder blinken…

Beim Abstieg vom Toniskopf ermuntert Dempfle jeden dazu seine eigene Spur zu treten und nahezu „senkrecht“ querfeldein nach unten zu gehen. Ohne Schneeschuhe wäre nun wahrscheinlich ein lustiges „Abwärtspurzeln“ angesagt, die Schuhe allein geben sicheren Halt, krallen sich in den Schnee, auch bei sportlich eher ungeübteren Naturen. Schnell ist das Feld umgepflügt wie ein für den Winter hergerichteter Acker. Der nächste, bereits angekündigte Schneeschauer, wird die Spuren schnell mit einem frischen weißen Tuch überdecken, so als wäre nie jemand hier gewesen.


[47.406448,10.166494
87561 Oberstdorf, Deutschland

Naturwunder Bergwelt
Naturwunder Bergwelt Fellhorn und Hörnergruppe

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